Mit CFJ in die Zukunft

John freut sich.

Er ist jetzt Mitglied bei CFJ

 

Im Alter von 6 Jahren kam John mit seinen Eltern aus der Ukraine nach Freyung. Schon einen Monat nach seiner Ankunft wurde er eingeschult.

 

Er war ein aufgewecktes Kind und erlernte schnell die deutsche Sprache. Aber noch schneller eignete er sich die waidlerische Sprache an. Schon bald bemerkte man gar nicht mehr, dass er gebürtiger Ukrainer war.

 

„Mein Herz gehört dem Bayerischen Wald“, sagt John und man glaubt es ihm.

 

Als er 10 Jahre alt war, bekam John ein Brüderchen. Von da an drehte sich nicht mehr alles um ihn. John fühlte sich plötzlich vernachlässigt. Dieses gefühlte Aufmerksamkeitsdefizit verfolgt ihn noch heute.

 

John war ein guter Schüler mit guten Zeugnissen. Der Übertritt in die Realschule war überhaupt kein Problem. Er schaffte ihn leicht und ohne Aufnahmeprüfung. Trotz seiner guten schulischen Leistungen erhielt er zu Hause selten ein Lob. Dabei wären ihm Lob und Anerkennung so wichtig gewesen.

 

Was er zu Hause nicht erhielt, verschaffte er sich durch Sport. Taekwondo, eine koreanische Kampfsportart, wurde seine Zuflucht. Hier erhielt er Lob und Anerkennung für gute Leistungen. Das war wertvolles Feedback und stärkte sein Selbstbewusstsein.

 

Schon während der Schulzeit machte John mit Drogen Bekanntschaft. Zunächst war Bier die Einstiegsdroge, später folgten Tabletten, Cannabis, Crystal Meth und andere harte Drogen. Er lernte eine Freundin kennen. Sie wurden ein Paar. Weil auch sie Erfahrungen mit Drogen hatte, waren sie im Drogenmilieu gefangen. Nach siebeneinhalb Jahren trennte sich seine Freundin von ihm und betrog ihn mit seinem besten Freund. Das war ein harter Schlag.  John tauchte immer tiefer in die Drogenwelt ein.

 

Im Alter von gerade mal 17 Jahren ernährte er sich aus Mülleimern und war ganz unten angelangt. Er hatte das wohl erkannt und wollte aus der Lage wieder heraus, endlich etwas lernen. John nahm an einer berufsbildenden Maßnahme teil und nahm keine Drogen mehr. Doch nach kurzer Zeit wurde er rückfällig, weswegen er die Berufsbildungsmaßnahme abbrechen musste.

 

Nun begann bei John die gefährlichste Phase seiner Drogenkarriere: Der intravenöse Drogenkonsum. In dieser Zeit verlor John viele seiner Freundinnen und Freunde. Sie alle starben an einer Überdosis. Zur Drogensucht gesellte sich jetzt eine schwere Depression. Der Verlust seiner Bekannten und auch die Angst, das gleiche Schicksal zu erleiden, waren einfach unerträglich geworden.

 

John begann schon viele Drogentherapien mit ihren Crash-, Entzugs- und Löschungsphasen. Keine davon zog er aber bis zum Ende durch. „Zweimal hätte ich es fast geschafft gehabt“, sagt John. Schuld am Scheitern, waren schreckliche Ereignisse in Johns Leben, erzählte er. Seine fünfzehnjährige Cousine, die noch in der Ukraine lebte, wurde am Baum gefesselt brutal vergewaltigt und ermordet. Sein Cousin, stark alkoholabhängig, wurde ein Jahr später tot aufgefunden. Er war erfroren.

 

Vor einem Jahr wurde John mit einer Überdosis im Grafenauer Kurpark aufgefunden. Er lag im Koma, als er ins Grafenauer Krankenhaus eingeliefert wurde.

„In meinem Aufwachraum waren Schränke voller Suchtmittel, von A bis Z - wie im Paradies“, erzählt John. Er befüllte zwei Taschen mit Suchtmitteln und verließ unbemerkt das Krankenhaus. Unmittelbar danach konsumierte er seine Beute und fiel wieder ins Koma. Der Diebstahl flog auf. Deswegen wurde er zur Ableistung von 100 Sozialstunden verurteilt.

 

CFJ ist eine gute Anlaufstelle für Menschen, die Sozialstunden leisten müssen. Auch John kam zu uns. In einem Gespräch legten wir seine Aufgaben fest, aber nicht nur das, wir lernten John auch etwas besser kennen.

 

Wir bei CFJ gehen grundsätzlich ohne Vorurteile an unsere Teilnehmer heran. Die Erfahrung hat uns eines gelehrt: Menschen in auswegloser Situation brauchen Hilfe. Wir sprechen hier nicht über Schwerkriminelle. Wir sprechen über Menschen wie John, der vier Sprachen spricht, der ein guter Schüler war und der in den elenden Drogensumpf geraten ist.

 

John ist jetzt Mitglied im Verein. Nach Ableistung seiner Sozialstunden will er weiter bei uns mitarbeiten – ehrenamtlich – solange bis er sich in guter Verfassung befindet. Dann möchte er einen unserer Arbeitsplätze erhalten, den wir für Menschen schaffen, die für den ersten Arbeitsmarkt noch nicht fit genug sind.

 

John befindet sich in Methadonbehandlung, einer Substitutionstherapie. Er will arbeiten. Wir werden ihn unterstützen. Es wird ein langer Weg mit ganz kleinen Schritten.

 

Wir danken John für seine Offenheit und der Zustimmung zur Veröffentlichung seiner Geschichte.